Wildbiene

Sind Bienen vom Aussterben bedroht?

So können Sie Wildbienen schützen

Frühe Ziest-Schlürfbiene (Rophites algirus)
Die Frühe Ziest-Schlürfbiene ist in mehreren Bundesländern vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben (© Heinz Wiesbauer)

Sie sterben wie die Fliegen. Mehr als die Hälfte der Wildbienenarten Deutschlands sind bestandsgefährdet. Das heißt ihre Vorkommen gehen seit mehreren Jahren nachweislich zurück. In der Roten Liste werden sie als «vom Aussterben bedroht», «stark gefährdet», «gefährdet» oder in der Kategorie «Gefährdung unbekannten Ausmaßes» geführt. 40 Arten sind bereits ausgestorben. Nur jede dritte Wildbienenart Deutschlands gilt als stabil. Lediglich 10 Arten zeigen eine Zunahme in ihrem Bestand.

Dabei sind alle heimischen Wildbienen nach dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV) besonders geschützt. Wer Wildbienen fängt, ihre Nester zerstört oder tötet, muss mit einem Bußgeld von bis zu 60.000 Euro rechnen. Dieser Schutz gilt ausdrücklich nicht für domestizierte Tiere wie die Honigbiene.

Was tötet Bienen?

Die Gründe für das Verschwinden und die Gefährdung von Wildbienen sind vielfältig (siehe hierzu die Veröffentlichung „Worldwide decline of the entomofauna: A review of its drivers“). Die Probleme aber sind immer gleich. Sie finden in unserer naturverarmten Welt zu wenig Plätze zum Nisten, zu wenig Material zum Bauen, zu wenig Nektar zum Trinken und zu wenig Pollen zum Sammeln.

Der größte Treiber dieser Naturverarmung ist die industrialisierte Landwirtschaft. Flurbereinigung, Monokulturen, aufzehrende Grünland- und Ackernutzung, Wildkräuterbekämpfung, Anbau von Energiepflanzen und die Konzentration auf Futtermittelerzeugung sind nur wenige Schlagworte, die verantwortlich für die Bedrohung von Wildbienen sind. Allein in Deutschland landen jährlich 30.000 Tonnen Pestizide auf den Äckern. Immer größere landwirtschaftliche Einheitsflächen bedrohen viele Tiere des Offenlandes.

"Die heutige Landwirtschaft ist der Hauptgrund für den Rückgang vieler Bienenarten."
Paul Westrich

Ein weiterer Grund für das Verschwinden von Wildbienen ist der Flächenverlust durch Bebauung und Versiegelung. Auch „aufgeräumte“ und häufig gemähte Parks, Grünflächen und private Gärten halten kaum Lebensräume bereit. Herbizide gegen Wildkräuter und Insektizide gegen Insekten machen der Vielfalt den Garaus.

Auch das Konkurrieren mit Honigbienen um das knappe Blütenangebot setzt einigen Wildbienenarten zu (siehe Veröffentlichung „Wildbienen first – unsere wichtigsten Bestäuber und die Konkurrenz mit dem Nutztier Honigbiene“ von Ronald Burger). Hier ist etwa die Heideimkerei zu nennen, die spezialisierten Wildbienen die Nahrung streitig macht. Zudem können Honigbienen Viren und Pilze einschleppen, die dann auf Wildbienen übergehen. Lesen Sie hier mehr zur Konkurrenz zwischen Wild- und Honigbienen.

Wir brauchen Bienen!

Die Entwicklung ist nicht nur für Wildbienen alarmierend, auch uns selbst sollte dies zu denken geben. Die Sicherheit unserer Nahrungsmittel ist in Gefahr. Unsere Lebensqualität und unsere Zukunft stehen in engem Zusammenhang mit der Bestäubungsleistung der Insekten: Allein in Europa wird die Bestäubung der Kulturpflanzen durch Bienen auf 22 Mrd. Euro geschätzt.

Pollenbeladene Zottelbiene (© Roland Günter)

84 % der wichtigsten Nutzpflanzen für unsere Ernährung werden von Wildbienen und anderen Insekten bestäubt. Wild- und Honigbienen tragen somit wesentlich dazu bei, unsere Nahrungsgrundlage zu sichern. Der Gesamtwert der Bestäubung weltweit beläuft sich auf 153 Milliarden Euro jährlich (siehe Veröffentlichung „Economic valuation of the vulnerability of world agriculture confronted with pollinator decline“ von Gallai et al.). Bestäuber erwirtschaften somit einen größeren Wert als das Bruttoinlandprodukt aller G20-Staaten zusammen! An dieser Leistung sind Wildbienen maßgeblich beteiligt. Es steht also außer Frage: Wir müssen Wildbienen schützen!

Wildbienen – mehr als putzige Blütenbesucher

Bienenschutz

Von der großen Politik zum eigenen Garten

Mehr als die Hälfte Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt. Hier gilt: Wer größere Flächen hat, bekommt mehr Förderung von der EU. Echter Bienen- und Insektenschutz bedeutet aber ein Ende der Flächenprämien. Stattdessen müssen Bäuerinnen und Bauern Geld bekommen, wenn sie Leistungen für Umwelt und Tierschutz erbringen. Die Fördergelder der EU müssen sich mehr am Naturschutz orientieren. Das bedeutet neben der Verteilung von Geldern auch eine Änderung der Zulassungsverfahren von Pestiziden. Hier müssen Ausbreitung durch Wind und Wasser sowie der Verbleib im Boden deutlich mehr berücksichtigt werden. Wir brauchen konkrete Vorgaben für die Reduzierung von Pestiziden, kleinteilige Strukturen mit Hecken, blüten- und kräuterreichen Säumen und Feuchtstellen statt Monokulturen bis zum Horizont.

Zudem brauchen wir einen Ausbau des Ökolandbaus – gegenwärtig sind es lediglich 8 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Deutschland. Bodenschonende Bearbeitung und der Verzicht auf Pestizide haben nachweislich positive Effekte auf die Biologische Vielfalt und letztlich auf uns selbst. Im Ökolandbau finden wir 95 Prozent mehr Pflanzenarten und 69 Prozent mehr Feldvögel als in der konventionellen Landwirtschaft. Dies ist nur ein Grund für einen schnelleren Ausbau. Andere Länder wie Finnland, Estland oder Österreichs sind da schon deutlich weiter.

Anteil des Öko-Landbaus in der EU. (© Grafik: Pestizidatlas 2022, Eimermacher/Puchalla, CC BY 4.0)

Flächen erhalten – Flächen gestalten

Beim Insektenschutz geht es in erster Linie darum, Lebensräume zu bewahren und neue zu schaffen. Wir brauchen also einen strengeren Schutz von Naturschutzflächen. Sonderstandorte wie Abbruchkanten und Brachflächen müssen erhalten bleiben, denn hier finden wir viele der wärmeliebenden Wildbienenarten.  

Auch die großflächigen Versiegelungen für Siedlungen und Verkehr stellen ein großes Problem dar. Noch immer verbrauchen wir doppelt so viel Fläche wie vorgesehen – mehr als 50 ha am Tag. Der Flächenverbrauch soll sich bis 2030 auf unter 30 ha am Tag mindern. Die Zersiedlung führt allerdings zu noch mehr Autos auf den Straßen. 45 Millionen Autos zählen wir in Deutschland. Diese brauchen Platz und Treibstoff. In München oder Stuttgart nehmen parkende Autos 12 Prozent der Verkehrsfläche ein. Auch “Bio“-Kraftstoffe aus Biomasse sind keine Lösung, sondern Teil des Problems. Sie brauchen große Ackerflächen mit Monokulturen.

Also dient eine Mobilitätswende mit ausgebautem Öffentlichen Personennahverkehr, mehr Fahrradwegen und elektrischen Car-Sharing Angeboten nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern letztlich auch den Wildbienen, Schmetterlingen & Co.

Jeder kann Bienen helfen

Egal ob auf dem Balkon oder im eigenen Garten, mit Strukturen und heimischen Wildpflanzen helfen Sie den Bestäuberinsekten. Da es für Bienen und andere Insekten immer weniger Nektar und Pollen zu finden gibt, brauchen wir vor allem mehr Wildstauden vor der eigenen Haustür. Egal ob Schatten, Sonne, Balkon oder Terrasse - unsere Pflanzlisten helfen ihnen weiter.

Naturnahe Gestaltung vor der eigenen Haustür (© Hortus Muldental)

Neben dem Pflanzen von heimischen Wildstauden für das ganze Jahr, können wir den kleinen Hautflüglern strukturreiche Lebensräume anbieten. Aus eigener Erfahrung wissen wir, dass schon kleine Eingriffe große Wirkung entfalten können. Stehendes und liegendes Totholz, Lesesteinhaufen, Wasserstellen, gebündelte Pflanzenstängel, kleine Sandlinsen und künstliche Nisthilfen finden in jedem Garten und auf jedem Balkon Platz. Aber schon das Nichtstun hilft. Der Verzicht auf chemische Dünger, Pestizide und torfhaltige Erde und das Zulassen von Pflanzdynamiken wird Bienen helfen. Lassen sie zusätzlich wilde Ecke stehen, in denen Bienen und Co. überwintern können. So braucht es nur kurze Zeit, um auch vor der eigenen Haustür die Vielfalt der Wildbienen erleben zu können.

Mut zur Lücke

Es mangelt allzu oft an offenen Bodenstellen, da durch Überdüngung und häufiges Mähen weite Flächen vergrasen. Dieses Problem haben wir auf dem Land und in der Stadt. Dabei nisten 75 Prozent unserer heimischen Wildbienen im Boden. Zudem haben magere Standorte die höchste Pflanzenvielfalt. Halten Sie also Bodenstellen offen. Mit dem Spaten können Sie auch kleine Abbruchkanten für bodennistende Wildbienenarten schaffen.

Pflasterfugen dienen dem Bienenschutz

Sie sind eng und wenig attraktiv, zumindest für uns. Nicht aber für einige Pflanzenarten. Löwenzahn, Huflattich und Mauerpfeffer fühlen sich hier pudelwohl – in den Pflasterfugen! Und wo sie wachsen, locken sie zahlreiche Tierarten an, darunter Wildbienen. Wenn Sie Wildbienen schützen wollen, gewähren Sie diesen Pflanzen Raum in den Fugen.

Gewöhnlicher Löwenzahn (Taraxacum officinale)

Bienenschutz: Geht auch mit Löwenzahn!
Sein strahlendes Gelb zeigt der Löwenzahn von April bis Juli. © matchka/pixelio

Der gelbe Korbblütler ist eine häufige und bei Bienen überaus beliebte Pflanze. Mindestens 71 Wildbienenarten sammeln hier Pollen. Dazu gehören die Gewöhnliche Bindensandbiene (Andrena flavipes) und die Rotbeinige Furchenbiene (Halictus rubicundus). Beide Bienenarten sind Generalisten. Das bedeutet, dass sie viele verschiedene Pflanzenarten nutzen können.

Huflattich (Tussilago farfara)

Bienenschutz: Huflattich hilft!
Der Huflattich ist ein Pionier! Er liebt offene Böden. © anro0002, CC BY-SA 4.0; To view a copy of this license, visit https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Die 7–30 cm hohe Staude blüht von März bis April. Ihr Pollen lockt etwa 14 Wildbienenarten an, darunter die Zweifarbige Sandbiene (Andrena bicolor). Diese Bienenart steht in Schleswig-Holstein auf der Vorwarnliste. Es ist daher sehr wichtig, ihr unter anderem mit einem besseren Nahrungs- und Nistplatzangebot das Überleben zu sichern.

Weißer Mauerpfeffer (Sedum album)

Weißer Mauerpfeffer leistet einen Beitrag zum Bienenschutz!
Er kommt in Fugen und sogar auf Felsen zurecht. © anro0002, CC BY-SA 4.0; To view a copy of this license, visit https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

An dieser Staude, auch „Weiße Fetthenne“ genannt, sammelt die Felsspalten-Wollbiene (Anthidium oblongatum) und Andrena chrysosceles gerne Pollen. Als Raupenfutterpflanze ist der Mauerpfeffer zudem für den Apollofalter wichtig, der nur noch in drei deutschen Bundesländern vorkommt.

Spitz-Wegerich (Plantago lanceolata)

Spitz-Wegerich und Bienenschutz: Das passt zusammen!
Einige Scheckenfalter-Raupen mögen auch Wegerich. © anro0002, CC BY-SA 4.0; To view a copy of this license, visit https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Pollensuche kann so einfach sein. Zumindest für die Besucher des Spitz-Wegerichs. Sie finden ihn an langen Staubblättern. Mindestens fünf Wildbienenarten sammeln ihn dort. Mit dabei ist die Rostrote Mauerbiene (Osmia bicornis), eine häufige Bienenart, und die seltene Andrena chrysopyga.

Raps (Brassica napus)

Raps dient dem Bienenschutz
Raps zieht auch manche Furchenbienen an. © Macleay Grass Man, CC BY-SA 4.0; To view a copy of this license, visit https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/

Sogar diese bekannte Nutzpflanze macht sich in Pflasterfugen breit. Mindestens 64 Wildbienenarten freuen sich ab April über sein Pollenangebot. Unter ihnen sind viele Sandbienen wie die Gewöhnliche Bindensandbiene (Andrena flavipes) und die Aschgraue Sandbiene (Andrena cineraria).

Weiß-Klee (Trifolium repens)

Weiß-Klee trägt zum Bienenschutz bei
Die Raupen des Weißklee-Gelblings (Colias hyale) mögen auch Klee. © Entomologie/Botanik, ETH Zürich; Matthias Baltisberger; CC BY-SA 4.0

Er ist so schnell nicht klein zu kriegen: Er trotz Tritten von Mensch und Tier und dem Streusalz im Winter. Gleichzeitig liefert sein Pollen etwa 41 Wildbienenarten Nahrung. Die Gehörnte Mauerbiene (Osmia cornuta) besucht ihn gerne, ebenso die Frühlings-Pelzbiene (Anthophora plumipes).

Tu Gutes und rede darüber

Neben den Projekten und Geldern, die wir in die Hand nehmen, um Wildbienen zu helfen, brauchen wir die Entdeckung einer neuen Tierliebe. Bienen- und Insektenschutz bedeutet auch, die Menschen aufzuklären, zu begeistern und zu mobilisieren. Pandas, Tiger und Orang-Utans sind schutzbedürftige Tiere – das steht außer Frage. Langhornbienen, Pillenwespen und Hainschwebfliegen aber sind unbekannt und doch so wichtig. Das Ineinandergreifen des Artengefüges sollte in uns den Wunsch nach mehr Schutz für alle Tiere gleichermaßen wecken.   

verändert nach: © Revilo Lessen/shutterstock.com

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